Dr. Werner Nohl · Landschaftsarchitekt · Honorarprofessor (TU München)

Von Freileitungen, Bäumen,Tieren und Menschen - Ihre ästhetischen Wirkungen im landschaftlichen Kontext

Werner Nohl


Windenergie wird in Deutschland vor allem in den nördlichen und östlichen Bundesländern (Offshore und Onshore) produziert. Da die großen Verbraucherzentren aber im Westen und Süden liegen, werden in nächster Zukunft ca. 3.500 km weitere Hochspannungsleitungen notwendig. Dagegen erhebt sich in den betroffenen Gebieten Widerstand in weiten Teilen der Bevölkerung, die die Zerschneidung ihrer Tourismusgebiete, größerer zusammenhängender Wälder, Naturparke und anderer wertvoller Landschaften befürchten.

Da auch landschaftsästhetische Argumente von Gegnern und Befürwortern des Leitungsbaus bemüht werden, wird im Folgenden die ästhetische Wirksamkeit einer Hochspannungsleitung genauer untersucht.

Aus methodischen Gründen werden weitere Landschaftselemente wie Bäume, Schafe, Reiter und Wanderer in die empirischen Untersuchungen einbezogen, wodurch nicht nur die ästhetischen Wirkungen dieser Elemente genauer ermittelt und fassbarer gemacht werden, sondern auch die ästhetische Einschätzung der Freileitung verständlicher wird.

Inhaltsübersicht

In der vorliegenden Arbeit werden über den Einsatz von ästhetischen Präferenzskalen und Fotovergleiche verschiedene Landschaftselemente hinsichtlich ihrer ästhetischen Wirkungen empirisch untersucht. Dabei zeigt sich, dass für die Befragten (55 Personen) eine 30 m hohe Freileitung mit Gittermasten zum vollständigen Verlust der ästhetisch hohen Qualität der Ausgangslandschaft (Kornfeld) führt.  Im Gegensatz zu dieser unbelebten großtechnischen Struktur steuern nach Meinung der Befragten lebende Elemente wie etwa grasende Schafe auf einer Weide oder gelegentliche Wanderer im Gebirge zu einer deutlichen ästhetischen Aufbesserung der jeweiligen Landschaft bei, und das Erlebnis von zwei Reitern auf einem Feldweg, den sie mit dem Landschaftsbetrachter teilen, führt zumindest nicht zu einer landschaftsästhetischen Wertminderung des agrarischen Umfelds. Des weiteren ergibt sich, dass ein großer Einzelbaum und eine alte Baumreihe im belaubten Zustand die Befragten ästhetisch erkennbar positiver ansprechen als im unbelaubten Zustand, wobei die unbelaubten Bäume von mehreren Befragten ebenfalls als unbelebt aber hier im Sinne von „abgestorben“ empfunden werden. Insgesamt legen die Ergebnisse nahe, Landschaften – ästhetisch gesehen – als Anmutungsfelder zu begreifen, in denen sich die unterschiedlichen Einzelanmutungen der vielen belebten und unbelebten Elemente zu einer integralen, emotional-ästhetischen Gesamtwirkung zusammenfinden.    

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